Bilder aus der Uckermark – Rede von Doris Knöfel

Bilder aus der Uckermark – Rede von Doris Knöfel

Einführung von Doris Knöfel zur Ausstellung:
Manfred Fuchs
Wasserzeichen – Bilder aus der Uckermark
Freitag, den 27. Mai 2016 in der Galerie ABAKUS Berlin

 

Liebe Freunde der Galerie, liebe Gäste,
heute eröffnen wir die dritte Ausstellung des Malers Manfred Fuchs in der Galerie ABAKUS.
Unter dem Titel: Wasserzeichen – Bilder aus der Uckermark stellt der Künstler einen neuen Zyklus seiner Arbeiten vor.
Die Bilder sind das Resultat zahlreicher Aufenthalte auf seinem Landsitz in der kleinen Ortschaft Storkow bei Templin im Landkreis Uckermark. Diese von Seenketten durchzogene Region scheint ihm eine der ursprünglichsten Deutschlands zu sein. Vor allem interessieren ihn in dem Gebiet die Wasserlandschaften, die im Gegensatz zu Wäldern und Ackerflächen noch unberührt sind. Auf den Seen und Teichen studiert Manfred Fuchs die Wellenbildungen durch den Wind, die Strudel, die Wellenkreise, die entstehen, wenn man Steine ins Wasser wirft oder Regentropfen fallen. Er untersucht die Vegetation an den Ufern und in den Seen, ihre Strukturen, ihre Farbigkeit, ihre Bewegungen über und unter der Wasseroberfläche. Wie tief man doch in die von übermäßigem Algenwuchs verschonten Seen blicken kann, ist ihm ein Faszinosum. Er fotografiert, fertigt Skizzen und verinnerlicht die gewonnenen Eindrücke.
Und so beginnt der Künstler zu malen, nicht ein Abbild des Gesehenen, sondern er entwickelt einen Bildraum, der sich aus Farbharmonien und Hell-Dunkelflächen aufbaut. In dieses Grundkonzept integriert er ein Spiel aus Linienstrukturen und Formen von Pflanzen und Wassertieren. Mal erscheint ein Blatt in frontaler Draufsicht, mal ist ein Zweig perspektivisch verkürzt, mal ist eine Blume räumlich erfasst oder streckt sich kelchartig in die Höhe. Fische sind schemenhaft angedeutet, geschwungene Fadenstriche definieren wirbelnde Wasserstrudel.
Auf einigen Bildern bewegen sich die Elemente fast auf der gleichen Ebene und es sind nur organische Formen zu sehen. Auf anderen wird der Blick in die Tiefe des Wassers geleitet, wo sich geheimnisvolle Kreaturen, Fische und Wasserpflanzen in der sanften Strömung wiegen. Zerfallende Pflanzenreste im Wasser verbinden sich mit aufkeimenden Früchten und Blüten zu einem harmonischen Bildgefüge, das die Natur in ihrem Entstehen und Vergehen ineinander verschmelzen lässt. Kontrastierend setzt der Künstler mitunter geometrische Blöcke in deckenden Farben den transparenten Lasuren entgegen, die der Komposition Stabilität verleihen und zugleich dem Organischen das Anorganische gegenüberstellen, ähnlich wie Felsblöcke eine Landschaft akzentuieren.
In der Farbmodulation erinnern diese Bilder an Claude Monet. Man denke an die Seerosen-Serie, die Monet in der Zeit von etwa 1898 bis zu seinem Tod im Dezember 1926 von seinen Teichlandschaften in Giverny bei Paris geschaffen hat. Im Pinselduktus aber unterscheiden sich Manfreds Bilder von Monets Gemälden. Nicht das für den Impressionismus charakteristische Geflecht aus Farbtupfen und -strichen verwendet Fuchs, sondern eine flächige Lasurtechnik in Eitempera, in die er Pinsel- und Kohlezeichnungen einfließen lässt. Formen werden zart angedeutet oder leicht umrissen.
Monet setzt in seinen Seerosenbildern häufig die Spiegelungen der Wasseroberfläche als ein Mittel ein, um die Abstraktion, die Auflösung der Form zu steigern, wobei das Motivische bei ihm noch erhalten bleibt. Manfred Fuchs‘ Bilder dagegen sind stark abstrahiert. Es ist ein Zusammenwirken von Farben und Formen, ein Spiel mit warmen und kühlen Farbvarianten. Bildelemente verschwimmen ineinander und die Übergänge vom Wasser zum Ufer sind kaum mehr auszumachen. Nur gelegentlich erscheint eine Blüte, die auf der Wasseroberfläche treibt und halb aus dem Wasser herausragt. Undefinierbare Gebilde bevölkern den Himmel, wenn es denn der Himmel ist. So genau kann der Betrachter die Grenzen zwischen Wasser, Land und Firmament in diesen Bildern nicht erkennen.
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Landschaft wird im Werk von Manfred Fuchs generell nicht in einem realistischen Stil gemalt. Lange Zeit definierte er in seinen Arbeiten Landschaft in Zusammenhang mit technischen Systemen und thematisierte Stoffkreisläufe, in die der Mensch zerstörend eingegriffen hat. Der Künstler, der auch eine Ingenieurausbildung genoss, widmete sich in vielen Zeichnungen und Papierarbeiten sozialkritisch dem Erhalt bzw. einer Wiedergewinnung des natürlichen Lebensraumes für Mensch und Tier, denn der Mensch hat sich nicht nur über die Natur erhoben, sondern auch vieles unwiederbringlich vernichtet. Manfred Fuchs erdachte somit Nutzungsvisionen für neue Pflanzenarten, die symbolisch für neue Ressourcen standen. Er steigerte ein Spektrum an Möglichkeiten zukünftiger Realität ins absurde und inszenierte auf seinen Bildern Lösungsversuche, wie dem Dilemma der Umweltzerstörung zu begegnen sei.
Einige der kleineren Bilder sind aus jener Periode. In einem dieser Bilder sammeln Erntevorrichtungen Schwarzrüben für ihre Weiterverarbeitung ein. In einem anderen ist eine hochkomplexe Maschinerie damit zugange, Unterwasserrüben vor der Vernichtung durch eine Mühle zu bewahren. Aufwendig wird das Gemüse aus dem Fluss herausgeholt, um die Mühle herumgeleitet, und danach dem Flusslauf wieder zugeführt, damit die utopische Rübenfrucht unversehrt ihren Weg im Gewässer fortsetzen kann. Hier zeigt sich des Künstlers Hinweis darauf, welch enormer Aufwand notwendig sei, um die letzten Naturreserven vor der Zerstörung zu schützen.
Auch das Diptychon im vorderen Raum an der linken Wand gehört in diese Bilderserie. Im linken Bildteil ist eine Art Wasserverarbeitungsmaschine in Aktion, im rechten tanzen Wellen in Kreisen auf der Oberfläche und strudeln spiralförmig nach unten.
In seinen neuesten Arbeiten spart der Künstler den menschlichen Eingriff aus. Allein die Liebe zur Natur rückt hier in den Fokus. Die Tiefen der unberührten Seen in der Uckermark bergen etwas Geheimnisvolles, das den Maler fasziniert.
Tauchen Sie ein mit uns in die Wasserlandschaften mit den intensiven Blautönen, die Stille suggerieren, den warmen und kühlen Klangfarben, die dem Bild eine Melodie verleihen und dem Geheimnis der uckermärkischen Seen, das Manfred Fuchs in seinen Bildern so eindrucksvoll eingefangen hat.
Herzlichen Dank
Doris Knöfel
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